29.04.2025

Taiwan Today

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Mehr Qualität statt nur Quantität

01.03.1999
Mit dem wachsenden Wohlstand ist in Taiwan eine Freizeitgesellschaft entstanden, in der immer mehr Menschen den verschiedensten Hobbys nachgehen.
In den letzten fünf Jahrzehnten erlebte Taiwan eine kolossale wirtschaftliche Entwicklung. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen stieg von etwa 140 US$ im Jahre 1949 auf 13 200 US$ heute. Die Bürger genießen jetzt einen Wohlstand, wie er in der chinesischen Geschichte ohne Beispiel ist. Das Müllproblem, die Luft- und Wasserverschmutzung wurden dagegen so schwerwiegend, daß das Nachrichtenmagazin Der Spiegel Taiwan 1995 als "Schweinestall" bezeichnete. Nicht völlig zu Unrecht: Taiwans Lebensqualität hinkte in den letzten Jahrzehnten weit hinter der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher, und das ist kein Wunder.

Seit der Ausführung des ersten Wirtschaftsplans in Taiwan in den fünfziger Jahren verschob sich der Schwerpunkt von Taiwans Wirtschaft schrittweise von der Landwirtschaft zu Fertigung und Technologie. 1987 betrugen Taiwans Devisenreserven über 70 Milliarden US$. Das Bruttosozialprodukt (BSP) erreichte 284,8 Milliarden US$ im Jahre 1997 und belegte damit international den 18. Platz. Taiwans rapides Wirtschaftswachstum bescherte der Gesellschaft einen hohen Lebensstandard.

"Durch Indikatoren wie geringere Ausgaben für Ernährung, kürzere Arbeitszeiten, höhere Lebenserwartung und bessere Bildung sind Taiwans Fortschritte klar erkennbar", kommentiert Chai Sung-lin, Gründer der Verbraucherstiftung, einer privaten Organisation für den Schutz der Verbraucherrechte. "Soviel ich weiß, geben viele Menschen in unterentwickelten Ländern fast ihr ganzes Geld für Nahrungsmittel aus und hungern trotzdem noch. Vor vierzig oder fünfzig Jahren gaben auch die Taiwanesen noch etwa 75 Prozent ihres Geldes für Lebensmittel aus, und der kümmerliche Rest ging größtenteils für Arztrechnungen drauf. Heute verwenden die Menschen in Taiwan weniger als 30 Prozent für Essen -- das bedeutet, daß sie mehr Geld für Unterhaltung und Kulturveranstaltungen übrig haben."

Die Lebenserwartung ist laut Chai auch ein wichtiger Faktor bei der Bewertung der Veränderung des Lebensstandards in Taiwan. "Die Lebenserwartung ist in manchen Ländern wegen Fehlernährung und Mangel an medizinischen Einrichtungen sowie der Verbreitung ansteckender Krankheiten niedriger", konstatiert Chai. "In Taiwan erfreuen sich die Menschen heute einer höheren Lebenserwartung als je zuvor: sie ist von 58 Jahren 1952 auf gegenwärtig etwa 74 Jahre gestiegen. Das belegt, daß die Volksgesundheit in Taiwan Fortschritte gemacht hat."

Weiter führt Chai aus: "Im Durchschnitt besuchten die Taiwanesen 1949 nur drei Jahre lang eine Schule, und 60 Prozent der Leute waren Analphabeten. Heute beträgt die durchschnittliche Ausbildungszeit etwa 15 Jahre, und die Alphabetisierungsrate liegt bei 94 Prozent." Chai erinnert sich, daß nach seinem Grundschulabschluß Mitte der vierziger Jahre nur etwa ein halbes Dutzend Mitschüler -- darunter er selbst -- die Schulbildung in einer Mittelschule fortsetzen konnten. "Wenn man dagegen heute etwas lernen will, gibt es dafür viele Möglichkeiten", verrät Chai.

Chai erwähnt außerdem, daß die Menschen in Taiwan heutzutage weniger arbeiten als früher. "Früher arbeiteten die meisten Menschen jeden Tag von morgens bis abends. Wenn wir uns die Zeitstunden in einem Jahr anschauen, dann arbeiten die Leute heutzutage etwa 25 Prozent [bei einem 8-Stunden-Tag in einer 5 1/2-Tage-Woche mit zwei arbeitsfreien Samstagen im Monat; Anm. d. Übers.] und haben viel mehr Zeit für Erholung."

Hsia Cheng-chung, Generaldirektorin der Abteilung für Stadtentwicklung und Wohnungsbau im Rat für Wirtschaftsplanung und -entwicklung (Council for Economic Planning and Development , CEPD), gibt zur Erklärung der Unterschiede zwischen Vergangenheit und Gegenwart viele Beispiele, ist aber auch der Meinung, daß Verallgemeinerungen schwer zu vermeiden sind. Ihrer Ansicht nach hat Taiwan in den letzten Jahren in den Bereichen Ernährung, Bekleidung, Wohnen, Verkehr, Bildung, Erholung und Volksgesundheit riesige Fortschritte gemacht.

"Früher waren die meisten Familien damit zufrieden, genug Reis zu essen zu haben. Bei normalen Familien kam nur selten Fleisch auf den Tisch. Heutzutage müssen die Leute dagegen Diät halten, um fit zu bleiben", legt Hsia dar. "Neue Kleider kaufte man sich nur zu Chinesisch-Neujahr, dem höchsten Feiertag, und die Klamotten sollten einfach nur warmhalten oder die Blöße bedecken. Heute erweitern die Leute das ganze Jahr über ihre Garderobe, und bei der Auswahl spielen Stil, Farbe und Mode die Hauptrolle."

Hsia erwähnt auch Taiwans Fortschritte im Wohnungswesen. "Früher lebten die Menschen in kleinen Räumen und teilten sich Küche und Bad mit den Nachbarn. Heute besitzen die Leute größere Häuser und genießen einen hohen Wohnkomfort."

In Taiwans Verkehrswesen war der Fortschritt nach Hsias Worten besonders rasant. "Früher waren die Verkehrsverbindungen sehr ungünstig. Wenn man in einer anderen Stadt studierte oder arbeitete, konnte man längst nicht immer dann heimkehren, wann man wollte." Hsias eigene Jugenderfahrungen sind da typisch. "Meine Familie lebte damals in Taichung, und die Fahrt von dort nach Taipei dauerte mindestens einen Tag. Als ich nach meinem Mittelschulabschluß in Taipei weiterstudieren wollte und daher mein Elternhaus verlassen mußte, weinte ich sehr lange, weil ich nicht wußte, wann ich wieder nach Hause würde kommen können." Heute kann man ein Flugzeug von Taipei nach Taichung oder umgekehrt nehmen, und die Flugdauer beträgt gerade mal eine halbe Stunde.

Über Bildung in Taiwan sind Hsia und Chai einer Meinung. Hsia erwähnt, daß in der Vergangenheit nur wenige Menschen die Chance zu höherer Schulbildung hatten, wogegen heute die Hälfte der Bevölkerung mindestens ein Diplom der Oberschule in der Tasche hat. "Verschiedene Bildungseinrichtungen wie Volkshochschulen, sogenannte Gemeindeuniversitäten und andere private Lehranstalten bieten den Menschen mehr Studienmöglichkeiten als je zuvor", zählt Hsia auf.

Hsia freut sich auch darüber, daß es heute mehr Möglichkeiten für Unterhaltung und Erholung gibt. "Früher hatten wir nicht viel Zeit und Geld für Erholung übrig. Man war schon überglücklich, wenn man nur ins Kino gehen konnte. Eine Flugreise war bereits eine große Sache", erzählt Hsia. Sie erinnert sich, daß es damals normal war, sich vor einer Flugreise wie zu einem offiziellen Empfang feinzumachen. Heute gibt es viele Unterhaltungsmöglichkeiten, und Auslandsreisen sind nichts Besonderes mehr.

Bei der medizinischen Versorgung sieht es heute in Taiwan ebenfalls viel besser aus. "Die Zahl der Krankenhausbetten auf 10 000 Personen ist von 3,35 im Jahre 1954 auf 55,7 im Jahre 1997 gestiegen, während die Zahl der Ärzte auf 10 000 Einwohner von 6,43 im Jahre 1954 auf 13,3 im Jahre 1997 stieg. Fast alle Bürger Taiwans sind heute vom Nationalen Krankenversicherungsprogramm erfaßt", gibt Hsia bekannt.

In den letzten fünfzig Jahren haben sich also die Lebensverhältnisse in Taiwan in vielerlei Hinsicht verbessert; das heißt aber nicht automatisch, daß sich die Lebensqualität gleichfalls verbessert hat. Zu den Indikatoren für die Bewertung der Lebensqualität eines Landes zählen die Lage bei Wirtschaft und Umwelt, Bildung, Kultur und Erholung, Soziales, medizinische Versorgung und öffentliche Ordnung. In diesen Bereichen hat Taiwan während der letzten fünf Jahrzehnte wohl Pluspunkte gesammelt, aber die Umweltsituation verschlimmert sich und wird als wichtigster Faktor für die Abnahme der Lebensqualität in Taiwan betrachtet.

"Wasser- und Luftverschmutzung kann Krebs und Atemwegsbeschwerden verursachen, und die dichtbesiedelte, laute und enge Umgebung kann zu Gemütskrankheiten führen", warnt Hsia. "Forschungsergebnisse lassen den Schluß zu, daß Lärm und Enge gewalttätig machen, und das kann Kriminalität und soziale Probleme zur Folge haben. Ich denke, daß eine Erhöhung der Lebensqualität in Taiwan davon abhängt, wie wir unser Lebensumfeld verbessern."

Lin Kuei-yin, Präsidentin der Hausfrauenunion und -stiftung, ist ebenfalls der Ansicht, daß Taiwan zur Verbesserung der Lebensqualität dem Umweltschutz Priorität einräumen muß. "Wenn die Umweltverschmutzung hier noch schlimmer wird, dann können wir noch so viel Geld für die medizinische Versorgung ausgeben, und die Lebensqualität wird sich trotzdem nicht spürbar verbessern, weil die Leute weiterhin an allen möglichen Krankheiten leiden werden", prophezeit sie.

Wie ernst sind Taiwans Umweltprobleme denn? Die Frage hängt mit Taiwans Bevölkerungsdichte zusammen. Nach einem Bericht des Umweltschutzamtes (Environmental Protection Administration , EPA) aus dem Jahr 1998 beträgt Taiwans Bevölkerung 21,82 Millionen Menschen und die Bevölkerungsdichte folglich über 580 Personen pro Quadratkilometer (zum Vergleich Zahlen zur Bevölkerungsdichte aus dem Jahre 1993 -- Deutschland: 228, USA: 27). Die Zahl der Fertigungsbetriebe betrug 157 000, mit einer Dichte von 4,4 Betrieben pro Quadratkilometer (Deutschland: k. A.), 12mal höher als in den USA. 1998 fuhren auf Taiwans Straßen 15,77 Millionen Kraftfahrzeuge, darunter 5,35 Millionen Autos und 10,42 Millionen Mo peds, was eine Fahrzeugdichte von 438 Fahrzeugen pro Quadratkilometer (Deutschland: k. A.) ergibt -- 18mal höher als in den USA.

Eine höhere Bevölkerungsdichte bedeutet auch ein höheres Abfallaufkommen. Nach einem Bericht des EPA belief sich Taiwans gesamte Abfallmenge 1996 auf 8,6 Millionen Tonnen, mit anderen Worten, jede Person produzierte pro Tag 1,1 Kilogramm Müll. Diese Zahl entspricht etwa der Müllmenge, die die Bürger in den OECD-Staaten (OECD = Organization for Economic Cooperation and Development , zu Deutsch: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) erzeugen. In vielen Städten Taiwans wissen die Stadtwerke schon seit langem nicht mehr, wohin mit dem Müll, was dann zu den sogenannten "Müllkriegen" zwischen Städten und Kreisen führt, über die immer wieder in den Medien berichtet wird.

Die hohe Zahl privater Automobile und die hohe Industriedichte haben eine starke Abgasentwicklung und daher chronische und gesundheitsschädliche Luftverschmutzung zur Folge. Fabriken, die krankheitserregende Stoffe verwenden oder erzeugen, haben oft Schwierigkeiten beim Umgang und bei der Entsorgung von ihrem Problemmüll. Tsai Hsung-hsiung, Leiter des EPA, räumt ein, daß Sondermüll ein ernsthaftes Problem in Taiwan ist.

"Als Chef des EPA fühle ich mich, als ob ich auf einem schlafenden Vulkan hocke", vergleicht Tsai. "30 Jahre lang wurde gefährlicher Industriemüll wahllos deponiert. Seit der Gründung des EPA 1987 versuchen wir diesen Müll mit allen Mitteln zu finden und dann zu entsorgen, aber wir haben noch nicht alles gefunden. Ich fürchte, daß dieser Sondermüll eines Tages die Gesundheit der Bürger bedrohen könnte."

Wasserverschmutzung ist ein weiterer Faktor, der die Lebensqualität stark reduziert hat. Viele Flüsse und Küstengewässer in Taiwan sind schwer belastet. Industrielle, landwirtschaftliche und private Abwässer werden direkt in die Flüsse geleitet und verschmutzen das Wasser flußabwärts. Nach einer Statistik des EPA aus dem Jahre 1997 waren in jenem Jahr 38 Prozent der Hauptflüsse und 29,5 Prozent der Nebenflüsse verseucht. Von den 21 größeren Flüssen galten fünf als schwer verseucht. Trauriger Spitzenreiter ist der zu 85 Prozent verschmutzte Peikang-Fluß. Ein umfassender komparativer statistischer Rahmen ist jedoch nur schwer aufzustellen, da die frühesten Zahlen aus dem Jahr 1983 stammen -- und damals waren Taiwans Umweltverschmutzungswerte bereits hoch.

Zu den Schmutzfinken gehören vor allem Taiwans Städte, besonders weil man auf der Insel bisher zu wenig Kanalisation und Kläranlagen gebaut hat. Nach Angaben der Bau- und Planungsverwaltung des Innenministeriums haben die meisten entwickelten Länder ihre Kanalisationen zu 95 Prozent vollendet, während auf Taiwan bisher nur gut 5 Prozent gebaut wurden -- viel weniger als in den meisten asiatischen und manchen afrikanischen Staaten. Selbst in Taipei, wo 1972 mit dem Bau einer Kanalisation begonnen wurde, sind bisher erst 40 Prozent der Haushalte daran angeschlossen. Die südtaiwanesische Großstadt Kaohsiung hat bis jetzt erst 5,3 Prozent ihres Kanalisationssystems fertiggestellt. Von den 21 Stadt- und Landkreisen der Insel verfügen 15 über gar keine funktionsfähige Kanalisation. Die Bewohner dieser Gegenden müssen sich oft ihr Trinkwasser in Flaschen aus dem Supermarkt holen.

Charles H. C. Kao ist nicht nur Gründer und Präsident des Verlages Commonwealth Publishing, sondern auch Gründer einer Stiftung zur Förderung der Lebensqualität auf Taiwan, und er findet, daß man Taiwan wegen des hohen Pro-Kopf-Einkommens mit Fug und Recht als fortgeschrittenes Hochlohnland bezeichnen kann. Die Umweltverschmutzung ist jedoch so gravierend, daß es manchen Leuten hier peinlich ist, Taiwan ein modernes Land zu nennen." Kao findet, daß die Menschen in Taiwan der Lebensqualität endlich mehr Aufmerksamkeit schenken müssen.

Es gibt in Taiwan immer mehr Menschen wie Kao mit einem starken Streben zur Verbesserung der Lebensqualität, und auch die Öffentlichkeit hat die Bedeutung des Umweltschutzes erkannt. "Ich denke, in der Öffentlichkeit besteht nun eine höhere Bereitschaft, für eine bessere Umwelt Opfer zu bringen. Wenn die Leute früher beispielsweise ihren Müll loswerden wollten, schmiß man das Zeug einfach auf die großen Abfallhaufen auf der Straße. Taipeis Straßen wurden dadurch schmierig und stanken. Seit der Umsetzung der Politik 'Kein Müll mehr auf die Straße' im Jahre 1997 müssen die Leute auf die Müllwagen warten und den Abfall zu geregelten Zeiten direkt auf die Wagen werfen. Das ist für die Leute zwar nicht so bequem, aber ich habe nie irgendwelche Beschwerden gehört", berichtet Chai Sung-lin.

Tsai Hsung-hsiung vom EPA sieht das genauso. "Die Öffentlichkeit interessiert sich immer mehr für Umweltfragen", behauptet er. "Wenn ein Industriebetrieb ihren Lebensraum bedroht, nehmen sie das nicht mehr klaglos hin. Dieser Trend zwingt die Industrie dazu, zur Verminderung des Schadstoffausstoßes ihre Anlagen zu modernisieren. Ich freue mich darüber, daß viele chemische Betriebe ihren Schadstoffausstoß stark reduziert haben. Manche von ihnen haben für ihre bemerkenswerten Leistungen sogar Preise erhalten."

Unterstützung durch die Öffentlichkeit hat auch der Regierung ihre Arbeit im Umweltschutzbereich erleichtert. "Wenn wir früher umweltschädliche Betriebe bestrafen wollten, dann hagelte es Beschwerden von den Gewerkschaften", sagt Tsai. "Druck von diesen Gruppen hat mich manchmal ganz schön in Verlegenheit gebracht. Heute ist Umweltschutzarbeit aber leichter, weil Umweltschutz als Priorität betrachtet wird." Folglich konnten in den letzten Jahren einige konkrete Erfolge beim Umweltschutz erzielt werden.

"Die Luftverschmutzung konnte bereits erheblich gemindert werden", teilt Tsai mit. "Der Luftverschmutzungsindex in Taipei entspricht fast schon internationalem Standard. Die Tage mit alarmierend hohen Verschmutzungswerten sind auch in Kaohsiung von 20 Prozent im Jahr auf acht Prozent zurückgegangen. Und das Müllproblem wird nach der Vollendung von 21 geplanten Müllverbrennungsanlagen im Jahre 2002 deutlich gelindert werden."

Der Exekutiv-Yuan (der Ministerrat der Republik China) hat auch einen Plan zur Lösung des Wasserproblems entworfen. In den zwölf am meisten verseuchten Gebieten mit insgesamt über 12 Millionen Einwohnern ist die Anlegung einer Kanalisation vorgesehen. Dieses Projekt mit einem Umfang von 43,1 Milliarden NT$ (2,2 Milliarden DM) soll den Bewohnern dieser Gebiete in sieben Jahren frisches Trinkwasser bescheren.

Die Regierung der Republik China hat zwar Maßnahmen eingeleitet, um die Sorge um die Lebensqualität mit der wirtschaftlichen Entwicklung zu versöhnen, aber viele Menschen halten die Regierungsanstrengungen in diesem Bereich dennoch für weniger als angemessen.

"Was der Zentralregierung vorschwebt, unterscheidet sich deutlich von den Vorstellungen der Öffentlichkeit", enthüllt Charles Kao. "Die Öffentlichkeit sorgt sich mehr um ihr Lebensumfeld, öffentliche Ordnung und Verkehr, während die Regierung ihr Augenmerk mehr auf Außenbeziehungen und Verfassungsreformen richtet. Beim Vergleich unserer jetzigen Situation mit der Vergangenheit könnten wir natürlich sagen, daß wir in den letzten Jahrzehnten riesige Fortschritte gemacht haben. Wenn wir unsere jetzige Lage jedoch mit anderen modernen Staaten mit ähnlich hohem Pro-Kopf-Einkommen vergleichen, dann wird klar, daß Taiwan in aber auch wirklich jeder Hinsicht noch sehr viel aufzuholen hat."

Kao spricht mit folgenden Worten vielen Menschen aus der Seele: "Abgesehen von den hohen Devisenreserven und Inlandsersparnissen fehlen uns die Eigenschaften einer modernen Gesellschaft. Wir haben keine saubere Luft und kein sauberes Wasser, keinen geordneten Verkehr, keine ruhigen Wohngebiete und keine gute Kanalisation. Wann werden wir endlich soweit sein?"

(Deutsch von Tilman Aretz)

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